Samstag, 8. Oktober 2011

Kommentar Trinkgeld

Die Schlendereien an Maries Seite durch die Straßen und Parks von Paris sind für Selysses, in der Gestalt des Jacques Austerlitz, Zeiten besonderen Glücks, das auch durch den Eindruck des deprimierenden, weitgehend aufgelassenen Zoogeländes im Jardin des Plantes nicht gemindert werden kann. Gern auch besucht er in Begleitung von Marie abends die Theater auf, obwohl seine Neigung für die darstellende Kunst längst nicht mehr auf der Höhe der frühen jugendlichen Begeisterung sich befindet. Ausführliche, geradezu verwinkelte Gedanken macht er sich zur Frage des Trinkgeldes. Seinen im Hinblick auf die beleibte Platzanweiserin am ersten Abend gefaßten Vorsatz kann er angesichts ihrer mageren Kollegin am darauffolgenden Abend nicht aufrechterhalten. Hatte er bei der Aufführung einer Verdioper in Bregenz mit der Einlaßkarte in der Hand vom Besuch abgesehen, so findet er jetzt, Marie zu Liebe, seinen Platz im Parkett, kann sich aber schon bald nicht mehr entsinnen, was er gesehen hat. Das scheint einen nicht mehr zu überbietenden Tiefpunkt in seinem Verhältnis zur Bühnenkunst zu markieren. Nicht selten aber wird in unserem Gedächtnis das Wichtige vom Unbedeutenden, wie in diesem Fall der Trinkgeldfrage, beiseite geschoben, ohne daß man allzu leichtfertige und weitreichenden Schlüsse daraus ziehen sollte.
Trinkgeld

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