Im Düval, am Boulevard Sebastopol, mußte ich, ohne daß ich sagen könnte warum, an die verschreckte junge Frau denken, die vor Jahren in dem großen Speisesaal eines Hotels in Südostengland, in dem ich an jenem Abend als einziger Gast saß, meine Bestellung entgegennahm und die mir bald darauf einen gewiß schon seit Jahren in der Kühltruhe vergrabenen Fisch brachte, an dessen paniertem, vom Grill stellenweise versengten Panzer ich dann die Zinken meiner Gabel verbog. Tatsächlich machte es mir solche Mühe, ins Innere des, wie es sich schließlich zeigte, aus nichts als seiner harten Umwandung bestehenden Gegenstandes vorzudringen, daß mein Teller nach dieser Operation einen furchtbaren Anblick bot. Die Sauce Tartare, die ich aus einem Plastiktütchen hatte herausquetschen müssen, war von den rußigen Semmelbröseln gräulich verfärbt, und der Fisch selber, oder das, was ihn hatte vorstellen sollen, lag zur Hälfte zerstört unter den grasgrünen Erbsen und den Überresten der fettig glänzenden Chips. Die in nichts bemerkenswerte Bedienerin ist mir wohl gerade wegen der desaströsen Mahlzeit, wegen des das Haus in jeder Beziehung erfüllenden Unglücks und wegen eines vagen Schuldgefühls in Erinnerung verblieben, und in der ganz anders gestimmten Gaststätte am Boulevard Sebastopol ist sie wieder vor mein inneres Auge getreten. Drei Gäste waren in diesem Lokal verstreut. Die Kellnerinnen redeten leise miteinander. Die Kassa war noch leer. Ich bestellte einen Joghurth, dann noch einen. Die Kellnerin brachte es still, das Halbdunkel des Lokals trug auch zu der Stille bei , sie nahm die Bestecke weg, die für das Abendessen auf meinem Platz vorbereitet waren und mich beim Trinken hätten hindern können. Es war mir sehr angenehm, Duldung und Verständnis für meine Leiden bei einer Frau ahnen zu können, die so still war. Die ganze Zeit aber dachte ich weiter auch an die junge englische Bedienerin, in deren Augen keine Hoffnung war.
Mittwoch, 12. Oktober 2011
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