Aus dem Schattenreich
Kommentar
In den nachfolgenden Wochen und Monaten sind wir oft zusammen im Luxemburggarten, in den Tuilerien und im Jardin des Plantes spazieren gegangen, die Esplanade zwischen den gestutzten Platanen hinauf und herunter, die Westfront des Naturhistorischen Museum einmal zur Rechten und einmal zur Linken, in das Palmenhaus hinein und wieder aus dem Palmenhaus hinaus, über die verschlungenen Wege des Alpengartens oder durch das trostlose Zoogelände, in dem die einst aus den afrikanischen Kolonien herbeigebrachten Riesentiere, die Elefanten, Giraffen, Nashörner, Dromedare und Krokodile zur Schau gestellt waren, während jetzt die Mehrzahl der mit erbärmlichen Naturresten, künstlichen Felsen und Wassertürmen ausstaffierten Gehege leer und verlassen sind. An den Abenden haben wir des öfteren ein Theater besucht. Als noch ganz junger Mensch habe ich das Theater geliebt wie kaum etwas. Den tiefsten Eindruck hat im Veranstaltungssaal meiner Geburtsortes in mir die Aufführung der Räuber hinterlassen. Sicher ein halbes dutzendmal bin ich in dem verdunkelten Saal unter der teilweise bis aus den Nachbardörfern herübergekommenen Zuhörerschaft gesessen. Immer habe ich damals in die Handlung eingreifen und die Amalia mit einem einzigen Wort darüber aufklären wollen, daß sie, um sich aus dem staubigen Kerker in das Paradies der Liebe zu versetzen, wie sie es sich doch wünschte, bloß die Hand hätte ausstrecken müssen. In späteren Jahren ist dann von dieser frühen Begeisterung wenig geblieben. Das eine oder andere Mal bin ich gar, die Karte schon in der Hand, bis die letzten Besucher in den Eingängen verschwunden waren, unschlüssig auf dem Theatervorplatz herumgestanden, unschlüssig, weil es mir mit jedem vergehenden Jahr unmöglicher wird, mich unter ein Publikum zu mischen, unschlüssig, weil ich das Stück im Grunde gar nicht sehen wollte. Wie sich jeder leicht denken kann, war es denn auch keineswegs mein Einfall, in Paris die Theater aufzusuchen. Warum saß, so fragte ich mich, im Cassenraum des Teatre Francais ein Polizeimann, Gendarm oder Soldat? Eine dicke Placeuse nahm uns ziemlich von oben herab etwas Trinkgeld ab. Ich dachte, es liege daran, daß wir mit unsern Theaterkarten in der Hand etwas zu sehr Schritt für Schritt hintereinander heraufgekommen waren und nahm mir vor am nächsten Abend, für den wir wieder Karten hatten, der Placeuse in ihre Augen hinein das Trinkgeld zu verweigern, während ich jetzt vor ihr und mir mich schämend ein großes Trinkgeld gab. Gar als alle andern ohne Trinkgeld hineinkamen. Ich brachte tags darauf auch meinen Satz heraus, in dem ich das Trinkgeld etwas meiner Meinung nach nicht unumgängliches nannte, mußte aber wieder zahlen, als die diesmal magere Placeuse klagte, sie sei von der Verwaltung nicht entlohnt und das Gesicht zur Schulter neigte. Ich könnte nicht mehr sagen, welche Stücke an diesen Abenden gegeben wurden.
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In den nachfolgenden Wochen und Monaten sind wir oft zusammen im Luxemburggarten, in den Tuilerien und im Jardin des Plantes spazieren gegangen, die Esplanade zwischen den gestutzten Platanen hinauf und herunter, die Westfront des Naturhistorischen Museum einmal zur Rechten und einmal zur Linken, in das Palmenhaus hinein und wieder aus dem Palmenhaus hinaus, über die verschlungenen Wege des Alpengartens oder durch das trostlose Zoogelände, in dem die einst aus den afrikanischen Kolonien herbeigebrachten Riesentiere, die Elefanten, Giraffen, Nashörner, Dromedare und Krokodile zur Schau gestellt waren, während jetzt die Mehrzahl der mit erbärmlichen Naturresten, künstlichen Felsen und Wassertürmen ausstaffierten Gehege leer und verlassen sind. An den Abenden haben wir des öfteren ein Theater besucht. Als noch ganz junger Mensch habe ich das Theater geliebt wie kaum etwas. Den tiefsten Eindruck hat im Veranstaltungssaal meiner Geburtsortes in mir die Aufführung der Räuber hinterlassen. Sicher ein halbes dutzendmal bin ich in dem verdunkelten Saal unter der teilweise bis aus den Nachbardörfern herübergekommenen Zuhörerschaft gesessen. Immer habe ich damals in die Handlung eingreifen und die Amalia mit einem einzigen Wort darüber aufklären wollen, daß sie, um sich aus dem staubigen Kerker in das Paradies der Liebe zu versetzen, wie sie es sich doch wünschte, bloß die Hand hätte ausstrecken müssen. In späteren Jahren ist dann von dieser frühen Begeisterung wenig geblieben. Das eine oder andere Mal bin ich gar, die Karte schon in der Hand, bis die letzten Besucher in den Eingängen verschwunden waren, unschlüssig auf dem Theatervorplatz herumgestanden, unschlüssig, weil es mir mit jedem vergehenden Jahr unmöglicher wird, mich unter ein Publikum zu mischen, unschlüssig, weil ich das Stück im Grunde gar nicht sehen wollte. Wie sich jeder leicht denken kann, war es denn auch keineswegs mein Einfall, in Paris die Theater aufzusuchen. Warum saß, so fragte ich mich, im Cassenraum des Teatre Francais ein Polizeimann, Gendarm oder Soldat? Eine dicke Placeuse nahm uns ziemlich von oben herab etwas Trinkgeld ab. Ich dachte, es liege daran, daß wir mit unsern Theaterkarten in der Hand etwas zu sehr Schritt für Schritt hintereinander heraufgekommen waren und nahm mir vor am nächsten Abend, für den wir wieder Karten hatten, der Placeuse in ihre Augen hinein das Trinkgeld zu verweigern, während ich jetzt vor ihr und mir mich schämend ein großes Trinkgeld gab. Gar als alle andern ohne Trinkgeld hineinkamen. Ich brachte tags darauf auch meinen Satz heraus, in dem ich das Trinkgeld etwas meiner Meinung nach nicht unumgängliches nannte, mußte aber wieder zahlen, als die diesmal magere Placeuse klagte, sie sei von der Verwaltung nicht entlohnt und das Gesicht zur Schulter neigte. Ich könnte nicht mehr sagen, welche Stücke an diesen Abenden gegeben wurden.
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