Donnerstag, 25. August 2011

Kommentar Grillparzer


Kafka empfindet Sympathie für Grillparzer, heißt es. Wir haben Mühe, uns in das Sympathiegeflecht der vergangenen Zeit einzufühlen, da unsere Gegenwartsfavoriten naturgemäß in ihm nicht auftreten. Unbeschwert treffen wir uns alle bei Homer, Platon, oder bei den Evangelisten, hier sind die Differenzen der kurzen Zeitabstände zwischen uns und unseren Großeltern unwirksam. Der gleiche Abstand zu allen aus der Tiefe der Zeit ist nicht der geringste Vorzug der Alten, aber von all dem ist hier gar nicht die Rede. Zu Kafkas Zeit mußte man auf Radio und Fernsehen noch verzichten, und das Theater war konkurrenzlos. Kafka war gewohnheitsmäßiger Theatergänger, aber nicht ohne Zurückhaltung gegenüber der Bühnenkunst. Zwar bleiben ihm die Schrecken des modernen Regietheaters erspart, das Entsetzen, das Selysses in Bregenz erfaßt, als die Juden der Vorzeit ihr Sehnsuchtslied nach dem Willen des Spielleiters in gestreiften KZ-Anzügen anstimmen, aber auch so vermerkt er die Aufdringlichkeit des Theaters, die zu guten, zu lauten Schauspieler. Kafka tritt dann gleichwohl in die Analyse des Grillparzerstückes ein, dessen Exposition ihm durchaus zusagt. Vom dritten Akt ab aber notiert er Niedergang. Wir nehmen das hin und sinnen nach über den rätselhaften Ausdrucks als sei ein Feind dahinter her.
Sieht Grillparzer

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