Sonntag, 7. August 2011

Städtische Unrast

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Im Westen stand eine ungeheure Wolkenwand, die bereits den halben Himmel einnahm und ihren Schatten breitete über das anscheinend endlose Häusermeer. Ein starker Wind erhob sich, und ich mußte mich einhalten, um hinabschauen zu können, wo die Menschen sich in seltsamer Neigung über den Platz bewegten, als stürze ein jeder einzelne von ihnen seinem Ende entgegen. Laufet eilends vor dem Wind, ging es mit durch den Kopf. Über die eigentliche Absicht aber von Personen, die am Abend in einer Stadt rasch gehn, ist man ganz im unklaren. Wohnen sie außerhalb, dann müssen sie doch die Elektrische benützen, weil die Entfernungen zu groß sind. Wohnen sie aber im inneren Stadtbereich, dann gibt es ja wieder keine Entfernungen und keinen Grund zum schnellen Gehn. Und doch kreuzen Leute mit gestreckten Beinen diesen Ringplatz, der für eine Kleinstadt nicht zu groß wäre und dessen Rathaus durch seine unvermittelte Größe ihn noch kleiner macht (mit seinem Schatten kann es ihn reichlich bedecken), während man von dem kleinen Platze aus der Größe des Rathauses nicht recht glauben will und den ersten Eindruck seiner Größe mit der Kleinheit des Platzes erklären möchte. Schließlich kam mir der so rettende wie unsinnige Gedanke, daß es sich bei den dort unten kreuz und quer über das Pflaster hastenden Gestalten um nichts anderes handeln könnte als um lauter Städter und Städterinnen.

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