Dienstag, 12. Juli 2011

Sechs bis sieben Stücke

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Selysses konnte also, nachdem er ein paar weitere Worte mit dem Zöllner über die elende Jahreszeit gewechselt hatte, bloß mit dem kleinen ledernen Rucksack über der Schulter durch die ans Niemandsland angrenzenden und den Tobel hinabwandern und schließlich nach W. hinausgehen. Ich hatte mir schon länger Gedanken gemacht über die Ähnlichkeit seiner Person mit Ludwig Wittgenstein, über den entsetzten Ausdruck, den sie beide trugen in ihrem Gesicht. Ich glaube, es war vor allem der Rucksack, von dem er behauptete, daß er das einzig wahrhaft Zuverlässige in seinem Leben sei, der mich auf die eher abwegige Idee einer gewissen körperlichen Verwandtschaft zwischen ihm und dem 1951 in Cambridge an einem Krebsleiden gestorbenen Philosophen brachte. Auch Wittgenstein hatte ja ständig einen Rucksack dabeigehabt, in Puchweg und Otterthal geradeso wie wenn er nach Norwegen fuhr oder nach Irland oder nach Kasachstan. Auf den Rucksack angesprochen, antwortete Selysses lachend, manchmal suche er seinen Besitz zusammen und überprüfe, ob er ihn im Rucksack unterbringen könne, der Weisheitslehre des Omnia mea mecum zuliebe. Es sei sehr wenig, was er besitze, aber es sind genau umrissene, feste, jeden sofort überzeugende Dinge. Es sind sechs bis sieben Stück, er sage sechs bis sieben, weil sechs davon zweifellos nur ihm gehören, das siebente aber auch einem Freund gehört hat, der allerdings vor vielen Jahren die Stadt verlassen hat und seitdem verschollen ist. So kann man also sagen, daß auch dieses siebente Stück ihm gehört. Trotzdem diese Stücke recht eigenartig sind, haben sie keinen großen Wert.

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