Es beginnt mit dem elegischen Bild eines Abschieds, einer Trennung, man wird sich nicht wiedersehen. Während sie, völlig mitgenommen, das Schluchzen nur schwer unterbinden kann, scheint er eher ein wenig erleichtert. Dabei ist an seiner Liebe zu ihr nicht zu zweifeln, nur glaubt er, und das wohl zu recht, er könne sie aus der Entfernung besser praktizieren. Gleich im ersten Brief erhöht er sie und erniedrigt sich, ihr Leben ist jung und reich, seins müde, kalt und leer, einsame Spaziergänge durch vier Gassen, das Leben eines langsam Verholzenden. Nur wenige Tage später ist er dann von einem gesellschaftlichen Trubel fortgerissen, den er aber als belanglos darstellt und mit der seltsamen Einschätzung rechtfertigt, er sei zu billigen, da die Zeit vergeht und man die Tage verliert. Auffällig ist vor allem, daß er, seiner brieflichen Darstellung zufolge, in einer Gesellschaft, die Offziere und Berliner als gleichrangige Menschengruppen mischt, unter lauter Männern verkehrt, nicht die geringste Dame ist anwesend, kein Grund zur Eifersucht also für die Empfängerin des Briefes. Der Briefwechsel mit der Unbekannten ist dann aber nicht ins Uferlose gewachsen. Später hat er noch mit zahlreichen anderen Damen Briefe ausgetauscht. Die Briefe an eine gewisse Felicitas Sedlák umfassen im Druck mehr als siebenhundert Seiten. Er war als Dichter berühmt geworden, wenn auch erst nach seinem Tode, und nicht nur jeder Brief, sondern jedes von ihm beschriftete Fetzchen Papier wurde ediert, mit gutem Grund, denn es sind nicht zuletzt die Fetzchen, die uns entzücken.
Sonntag, 22. Januar 2012
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