Dienstag, 15. November 2011

Kommentar Eisenbahnhotel

Der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist sprichwörtlich, fußend auf einem der großen Urerlebnisse, hier wirkt er sich in erstaunlicher Weise aus auf die Einschätzung eines Hotels, in dem Selysses untergekommen ist. Zwar hatte die Gestalt des Portiers vielleicht sogleich schon etwas Fragwürdiges, die wunderbare Mahagonistiege aber verhieß noch am Abend Luxus und luftige Höhe für den nächsten Tag, eine Verheißung, die das morgendliche Erwachen nicht überdauert. Es ist ein schlichtes Eisenbahnhotel, die Fenster sind, der Mahagonistiege zum Trotz, ebenerdig, gewähren keinen weiten Blick und geben stattdessen den Bewohner den neugierigen Blicken der Passanten dar. Den hält es denn auch nicht lange im Quartier, er wandert hinaus in die Stadt. Um welche Stadt es sich handelt, ist schwer zu erraten. Denkt man zunächst an ferne Länder, Amerika vielleicht sogar, deutet die Fachwerkbauweise, die Selysses, angeleitet von Kafka mit großer Sachkenntnis mustert, eher auf die nähere Heimat hin. Die Menschen hier zeichnen sich aus durch eine besonders schöne Art, in den Fenstern zu lehnen, wie immer man sich das vorstellen mag.

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