Sonntag, 27. November 2011

Il mestiere di scrivere

Tage- und wochenlang zermartert man sich vergebens den Kopf, wüßte nicht, wenn man danach befragt würde, ob man weiterschreibt aus Gewohnheit oder aus Geltungssucht, oder weil an nichts anderes gelernt hat, aus Wahrheitsliebe, aus Verzweiflung oder Empörung, ebensowenig wie man zu sagen wüßte, ob man durch das Schreiben klüger oder verrückter wird. Vielleicht verliert ein jeder von uns den Überblick genau in dem gleichen Maß, in dem er fortbaut am eigenen Werk, und vielleicht neigen wir aus diesem Grund dazu, die zunehmende Komplexität unserer Geisteskonstruktionen zu verwechseln mit einem Fortschritt an Erkenntnis, während wir zugleich schon ahnen, daß wir die Unwägbarkeiten, die in Wahrheit unsere Laufbahn bestimmen, nie werden begreifen können. Allerdings, fügte er nach einer kurzen Pause mit einem Lachen hinzu, habe ich in meinem Schreibtisch einen ebenso guten wie strengen Freund. Du kennst ihn, hast ihn aber wohl noch nie genauer angeschaut, warum solltest Du auch. Das ist nämlich ein gutbürgerlicher Schreibtisch, der erziehen soll. Der hat dort, wo gewöhnlich die Knie des Schreibers sind, zwei erschreckliche Holzspitzen. Und nun gib acht. Wenn man sich ruhig setzt, vorsichtig, und etwas gut Bürgerliches schreibt, dann ist einem wohl. Aber wehe, wenn man sich aufregt und der Körper nur ein wenig bebt, dann hat man unausweichlich die Spitzen in den Knien und wie das schmerzt. Und was will das bedeuten: Schreibe nichts Aufgeregtes und laß deinen Körper nicht zittern dabei. Der Schreibtisch hat meinen Stil zweifellos stärker beeinflußt als irgend jemand sonst.

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