Samstag, 4. Juni 2011

Kommentar Kurier

Was die endlosen Strecken und unermeßliche Weiten anbelangt, die zu durcheilen sind, ähnelt der Beruf des Kuriers beim Zaren dem des kaiserlichen Boten in China. Während aber der Bote, ein kräftiger, ein unermüdlicher Mann, die Beine wirft, einmal diesen, einmal den anderen Arm vorstreckend sich Platz verschafft, und dabei doch keine Aussicht hat, auch nur das äußerste Tor des kaiserlichen Stadt zu erreichen, verfügt der Kurier, den nicht nur Kafka, sondern auch Sebald beobachtet, bereits über Transportmittel – im Sommer das Pferd oder den Wagen, im Winter den Schlitten - und über eine zuverlässige Wegeplanung; acht Fahrstunden werden es sein bis zum Ziel. Es fragt sich, warum er unter diesen Bedingungen so ruhelos ist während der Nacht. Vielleicht ist es ein inzwischen leer laufender Residualbestand des alten Boteneifers, vielleicht ist es ein Geheimnis, in das wir nicht einsehen können. Wenn aber die nächtliche Rast nichts als Unrast ist für den Kurier, so ist die Weiterfahrt so ist die Weiterfahrt durch die uferlose Schneelandschaft ein einziges großes Aufatmen. Der Auftrag scheint kein schwerer zu sein, er trübt nicht die glückliche Stimmung des Kuriers während der Fahrt.

Kurier des Czaren

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