Montag, 27. Juni 2011

Kommentar Zentauren

Sie haben Vorderbeine, die sie, müde von Trinkseligkeit, ins Wasser tauchen, sie lecken einander gegenseitig das Wasser von Fell, also sind es Tiere, Pferde vermutlich. Sie sind der Sprache mächtig, sind zugelassen zum Palast, den Korridoren, dem Billardzimmer und der Ahnengalerie, sie lecken einander gegenseitig das Wasser von Gesicht, also sind es Menschen, in der Summe Pferdemenschen, Zentauren. Sie haben sich des Wassertrinkens schuldig gemacht, wie soll man das verstehen. Vermutlich wird nicht das Trinken als solches sanktioniert, sondern das wilde, tierische Trinken. Die Zentauren leben ihre tierhafte Seite, die sollen sie überwinden und vergessen, vielleicht irgendwann Platz nehmen neben den Damen mit den glitzernden Ohrringen und Halsketten und den Herren mit den weißen Hemdbrüste beim Champagner. Dazu aber zeigen sie wenig Neigung. Die Peitschenherren, offenbar dem Lakaienstand zuzurechnen, sind von einer höheren Instanz mit der Dressur betraut. Beim Eindringen in das Billardzimmer wechselt die hastende Prosa ihre Gangart, wird bedächtig, aufmerksam für ruhende Einzelheiten. Hier schon wird der Sturm gebremst, um dann in der Ahnengalerie zu verklingen. Verdanken die Zentauren ihre Existenz der widernatürlichen Betätigung eines fernen Ahnen, vielleicht dem letzten Billardspieler, soll ihre Zivilisierung die Schande vergessen lassen? Dabei lebt doch der Wunsch in uns allen, Indianer zu sein, verwachsen mit dem Pferden, Zentauren fast schon.
Zentauren

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