Freitag, 10. Juni 2011

Kommentar Mauerasseln

Was wir von der Welt wüßten ohne Sprache, wissen wir nicht. Wenn Kafka den Affen betrachtet, der bald schon den versammelten Mitgliedern der Akademie in geschliffenen Worten seine Sicht vortragen wird, scheint das sprachliche Manko nicht schwerwiegend und leicht zu beheben, der Blick auf die Mauerassel führt zu anderen Schlußfolgerungen. Keine Form der Wahrnehmung vermag einen weiteren Fächer aufzuspannen als die Sprache, zugleich aber zeigt sie uns erbarmungslos die Unerreichbarkeit der Welt, ihre Undurchdringbarkeit, eine Mauer, vor der wir dumm und immer wieder stumm dastehen. Die Sprache verlangt einen unbefangenen Umgang mit ihr, werden wir unsicher in ihrem Gebrauch, kann sie an der schweigenden Mauer zerbrechen und in ihre Bestandteile zerbröseln. In der Fachwelt besteht Einigkeit, daß die Mauerassel über nichts verfügt, das wir Sprache nennen würden. Was wir mit ihr gemeinsam haben, so lernen wir hier, ist das Wachen. Die Assel freilich wacht unter einem alten Mauerstein, wir haben Mühe, das hinreichend wertzuschätzen. Könnten wir die das Volk der Asseln erreichen mit unseren Worten, wäre es ausgerottet, wird uns versichert. Andere möchten glauben, daß die Welt erlöst wäre in diesem Augenblick.

Mauerasseln

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