Sonntag, 26. Juni 2011

Zentauren

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Es war ein kleiner Teich, dort tranken wir, Bauch und Brust an der Erde, die Vorderbeine, müde von Trinkseligkeit, ins Wasser getaucht. Wir mußten aber bald zurück, der Besonnenste riß sich los und rief: Zurück Brüder! Dann liefen wir zurück. Wo wart ihr? wurden wir gefragt. Es waren die Peitschenherren, starke aber schlanke Herren, sie hießen Peitschenherren, aber sie hatten Ruten in den Händen, an der Rückwand des Prunksaals standen sie vor und zwischen den Spiegeln, in denen die wie von einem leichten Seegang bewegte Menge der dinierenden Gäste schimmerte, die glitzernden Ohrringe und Halsketten der Damen und die weißen Hemdbrüste der Herren. Im Wäldchen waren wir, so unsere Antwort. Nein. Ihr wart beim Teich. Nein, wir waren nicht dort. Ihr trieft ja noch von Wasser, Ihr Lügner! Und die Peitschen begannen zu spielen. Wir liefen durch die langen mondscheinerfüllten Korridore, hie und da wurde einer getroffen und sprang hoch vor Schmerz. In wilder Hatz stürmten sie den seit unausdenklicher Zeit schon nicht mehr bespielten Billardsaal. Der mächtige Mahagonitisch, beschwert von den in ihn eingebetteten Schieferplatten, stand unverrückt an seinem Platz; der Zählapparat, der goldumrandete Wandspiegel, die Ständer für die Stöcke und die Verlängerungsschäfte, das Kabinett mit den vielen Schubladen, in denen die Elfenbeinkugeln, die Kreiden, Bürsten, Polierlappen und sonstigen für das Billardspiel unentbehrlichen Dinge verwahrt lagen, nichts war seit dem letzten Spiel mehr angerührt worden oder in irgendeiner Weise verändert. In der daran anschließenden Ahnengalerie war die Jagd zuende, die Tür wurde zugeschlagen, man ließ uns allein. Wir waren noch alle durstig, wir leckten einander gegenseitig das Wasser von Fell und Gesicht, manchmal bekam man statt Wasser Blut auf die Zunge, das war von den Peitschenhieben.

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