Samstag, 18. Juni 2011

Wegversperren

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Sehr zustatten gekommen ist mir die Tatsache, daß ich mich schon bald auf dem Rugbyfeld auszuzeichnen begann, weil ich, vielleicht wegen einem dumpf in mir rumorenden, mir damals noch gar nicht bewußten Schmerz, mit gesenkten Kopf die Reihen der Gegner durchquerte wie keiner meiner Mitspieler sonst. In den Übungsstunden für die Wettkämpfe spielten wir zum Verschnaufen und zur Auflockerung nicht selten Wegversperren, Es wurde eine Wegstrecke bestimmt, die einer verteidigen und die anderen der Reihe nach überschreiten sollten. Dem Angreifer wurden die Augen verbunden, der Verteidiger aber hatte kein anderes Mittel, die Überschreitung zu verhindern, als daß er gerade im Augenblick der Überschreitung den Angreifer am Arm berührte; tat er es früher oder später, hatte er verloren. Wer das Spiel nie gespielt hat, wird glauben, daß der Angriff sehr schwer, die Verteidigung sehr leicht gemacht sei und dabei ist es gerade umgekehrt oder es sind zumindest die Angriffstalente häufiger. Verteidigen konnte bei uns nur einer, er freilich konnte es fast unfehlbar. Ich habe ihm oft zugeschaut, es war dann kaum unterhaltend, er war eben ohne viel Laufen immer am richtigen Platz, er hätte auch gar nicht sehr gut laufen können, denn er hinkte ein wenig, er war aber auch sonst nicht lebhaft, andere, wenn sie verteidigten, lauerten geduckt und blickten wild herum, seine mattblauen Augen blickten ruhig wie sonst. Was eine solche Verteidigung zu bedeuten hatte, merkte man erst, wenn man Angreifer war. Auch ich, bei all meinem unbestrittenen Angriffsvermögen, konnte ihn nur selten besiegen.

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