Mittwoch, 6. April 2011

Polo

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Auch in diesem Sommer war Cosmo in Deauville und hat dort die Phantasie der eleganten Welt sehr stark in Anspruch genommen, wozu sein erstaunenswertes Glück im Roulette und seine akrobatische Kühnheit auf dem Polofeld nicht wenig beitrugen. Sein sogenanntes Glück im Roulette leitete sich ab aus der Befähigung zu einer Art Selbstversenkung und dem Versuch, die inmitten einer sonst undurchdringlichen Nebelhaftigkeit jeweils nur für den Bruchteil eines Augenblicks auftauchende Ziffer zu erkennen, um sie dann ohne das geringste Zögern, gewissermaßen im Traum noch, entweder en plein oder à cheval zu setzen. Mit halbgeschlossenen Augen setzte er Mal für Mal auf das richtige Feld und pausierte nur, wenn man ihn auf einen consommé oder einen café au lait an die Bar hinübernahm. Beruhte der Erfolg im Roulette also ein einer Art Entleerung der Seele, so war es beim Polo eine Überfülle des Bewußtseins, die es ihm erlaubte, sich auf dem Spielfeld vor den anderen Mitspielern auszuzeichnen. Dem sinnlosen Galopp dem Ball hinterdrein unterschob er märchenhafte Bedeutungen, weg davon, weg davon, dachte er etwa, wir reiten durch die Nacht. Sie ist dunkel, mond- und sternenlos und noch sternenlos und noch dunkler als sonst mond- und sternenlose Nächte sind. Wir haben einen wichtigen Auftrag, den unser Führer in einem versiegelten Brief bei sich trägt. Aus Sorge, wir könnten den Führer verlieren, reitet hin und wieder einer von uns vor und tastet nach dem Führer, ob er noch da sei. Geriet der Ball dann in die Gewalt der gegnerischen Mannschaft, dachte er, der Führer ist nicht mehr da. Wir erschrecken nicht allzu sehr, wir haben es ja die ganze Zeit gefürchtet. Wir beschließen, zurückzureiten. Entlegene Gedanken dieser Art lenkten ihn nicht etwa vom Spielgeschehen, ließen ihn dessen Leere vielmehr besser ertragen als das bei den Spielgefährten der Fall war und versahen seine Spielzüge mit einer ganz besonderen Leidenschaft. Eine der wenigen Abbildungen, die wir vom Cosmo haben, zeigt, wie ihm nach einem wahrscheinlich zu Wohltätigkeitszwecken im Hippodrom von Clairefontaine veranstalteten Match von einer aristokratischen Dame – wahrscheinlich der Comtesse de Fitz James – der Siegerpreis überricht wird.

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