Freitag, 13. Mai 2011

Kommentar Bauen Stadt

Wir treiben unsere Unternehmungen voran, weit über jede Vernunftgrenze hinaus. Schon lange wissen wir um die geringe Bedeutung der Vernunft im menschlichen Leben, und doch müssen wir uns an sie halten. Was anderes vor allem hätten wir unseren Kindern sonst anzubieten. Wir bauen ihnen eine Kindervilla, lassen sie den Takt schlagen zur Kinderoper vom Bau der kleinen Stadt und zeigen ihnen auf der Bühne die Behaglichkeit des Lebens in der kleinen Stadt. Kafkas Städtebauer scheinen sich dieses kindliche Gemüt mehr oder weniger bewahrt zu haben, der Baumeister aber weiß mehr und ist von seinem Wissen müde. Auf seine Einwände gehen die Bauherren kaum ein, am wenigsten auf den Hinweis der Verteidigungsnotwendigkeit. Dabei ist, wie der Blick in die Geschichte zeigt, Städtebau immer auch Festungsbau gewesen. Der Roman Austerlitz lest sich lesen als Erzählung von Vernichtung und Zerstörung mit der Kehrseite des Bauens, oder als Erzählung vom Bauen mit der Kehrseite von Zerstörung und Vernichtung. Im Plan und der Errichtung des Lagers Theresienstadt ist dann beides unmittelbar eins. Sebald hat 9/11 noch erlebt, der Roman war aber bereits abgeschlossen. Der Plan eines Umbaus des Weltalls zur Festung erscheint uns nachträglich als Krönung seiner Überlegungen.
Wir bauen eine Stadt

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