Montag, 2. Mai 2011

Land unter

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Es wäre der Eindruck entstanden, es habe hier einer auf einer vorgesehen Fläche immer wieder neue Traversen und Winkelzüge versucht, um aufs neue stets am Rand seiner Vernunft, Vorstellungs- und Willenskraft anzugelangen und zum Umkehren gezwungen zu werden. Öfters kam es mir dabei vor, wahrscheinlich aufgrund meiner Übermüdung als ob ich irgend jemand mir Bekannten vor mir hergehen sähe. Bei diesen Halluzinationen, denn etwas anderes war es ja nicht, handelte es sich ausschließlich um Menschen, an die ich jahrelang nicht mehr gedacht hatte, um Abgeschiedene gewissermaßen. Außer mit Kellnern und Serviererinnen habe ich mit niemandem ein Wort gewechselt. Bloß mit den Dohlen in den Anlagen vor dem Rathaus habe ich, wenn mir recht ist, einiges geredet und mit einer weißköpfigen Amsel, die mit den Dolen um meine Weintrauben kam und die ich bei mir den Sennavogel nannte. Zu später Stunde von meinen Exkursionen zurückkehrend, spürte ich, während ich im Hotelfoyer auf den Lift wartete, den fragenden Blick des Nachtportiers in meinem Rücken. In meinem Zimmer, am Bettrand sitzend, langsam mich auskleidend, war ich über den Anblick meines inwendig schon gänzlich in Fetzen aufgelösten Schuhwerks geradezu entsetzt. Es würgte mich im Hals und die Augen trübten sich mir. Seit gestern regnete es unaufhörlich, etwa um fünf Uhr nachmittags hatte es gestern zu regnen angefangen und heute, am Abend, regnete es noch immer. Das konnte einem doch wohl zu denken geben. Während es aber sonst nur auf der Gasse regnet und in den Zimmern nicht, schien es diesmal umgekehrt zu sein. Sieh aus dem Fenster, bitte, es ist unten doch trocken, nicht wahr? Nun also. Hier aber stieg das Wasser unaufhörlich. Mag es, mag es steigen. Es ist schlimm, ich ertrag es doch. Ein wenig guten Willen und man erträgt es, man schwimmt eben mit seinem Sessel etwas höher, die Verhältnisse ändern sich ja nicht sehr, alles schwimmt eben und man schwimmt etwas höher. Aber dieses Schlagen der Regentropfen auf meinem Kopf, das ertrag ich nicht. Es scheint eine Kleinigkeit, aber eben diese Kleinigkeit ertrage ich nicht oder vielleicht würde ich sogar das ertragen, ich ertrage es nur nicht, dagegen wehrlos zu sein. Und ich bin wehrlos, ich setze einen Hut auf, ich spanne den Schirm aus, ich halte ein Brett über den Kopf, nichts hilft, entweder dringt der Regen durch alles durch oder es fängt unter dem Hut, dem Schirm, dem Brett ein neuer Regen mit der gleichen Schlagkraft an.

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