Montag, 30. Mai 2011

Kommentar Geier und Jäger

An unerwarteter Stelle, am Rande der Erzählung eines rätselhaften Geierangriffs, erfahren wir nähere Einzelheiten vom Ableben des Jägers Hans Schlag alias Gracchus, die dem Verfasser der Schwindel.Gefühle so nicht bekannt waren. Der Jäger verliert sein Leben, als er einem seltsamen Prometheus, den es aus dem Kaukasus ins Allgäu verschlagen hat, zu Hilfe eilen will. Da er tot mit seinem Gewehr aufgefunden wurde, war er offenbar schon auf dem Rückweg und ist bei der zweiten Überquerung des Tobels verunglückt. Verschiedene Fragen bleiben gleichwohl unbeantwortet, so ist es schwer verständlich, daß der Jäger zunächst ohne sein Gewehr unterwegs war und es herbeiholen mußte. Auch passen die Zeitangaben hier nicht ohne weiteres zu denen der Schwindel.Gefühle. Aber wann hat es schon zwei Berichte über den gleichen Vorfall gegeben, die sich nicht an der einen oder anderen Stelle widersprochen hätten. Anders als sein Vorgänger im Kaukasus hat der Prometheus des Allgäu keine vorwerfbare Schuld vor den Göttern, nur die amorphe Daseinsschuld aller Bewohner von Kafkas Reich. Ohne daß er etwas Böses getan hätte, stößt der Geier wie ein Speerwerfer den Schnabel durch den Mund tief in ihn hinein. Er läßt sich im Tode befreit zurückfallen. Nach menschlichem Ermessen – aber was können wir schon ermessen - hat er gegenüber Gracchus, der so lange Jahre auf der Suche nach seinem Tod verbringen mußte, das bessere Los gezogen.

Geier und Jäger

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