Donnerstag, 3. März 2011

Kommentar Versunken

Bei seiner stillen Arbeit im Schattenreich muß der schlichte Werkmann immer damit rechnen zu spät zu kommen, weil Sebald selbst bereits dagewesen ist. Es ist nicht gut vorstellbar, Austerlitz habe bei seiner Schilderung der schlafenden Londoner, die sich unversehens in ihren Steinhäusern als schutzlose Nomaden zu erkennen geben, nicht Kafkas Nachts vor Augen oder im Sinn gehabt. Der Sinn ist allerdings teilweise verkehrt, während Kafkas Nomaden ruhig atmen, halten sie bei Sebald ihr Gesicht vor Furcht gegen die Erde gekehrt, hier nun muß sich das eine mit dem anderen vertragen. Ob Sebald seine Vorliebe für die Nomaden insgesamt entlehnt, oder für sie bei Kafka, wie dann auch bei Chatwin, nur einen freundschaftlichen Widerhall gefunden hat, sei dahingestellt. Wenn Sebald die Nomaden am nächsten Morgen auf die neuzeitlichen Karawanenwege der Metro schickt, so erschließt sich mit dem Verschwinden von vier Reisenden, das Cortázar bei einer Zählung entdeckt hat, ein weiteres, unterirdisches Reich der Unbehausten. Die Szenerie hat sich daraufhin augenblicklich von der Themse an den La Plata verlagert.
Versunken in die Nacht

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