Samstag, 3. September 2011

Bei Tag und bei Nacht

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Als es Abend wurde und wir die Glühstrumpflampe in einer flachen, an den Rändern mit Erikastauden bewachsenen Mulde aufgestellt und entzündet hatten, begannen die Nachtfalter, von denen wir während des Aufstiegs keinen einzigen zu Gesicht bekommen hatten, wie aus dem Nichts heraus einzuschwärmen in tausenderlei Bogen und Schraubenbahnen und Schleifen, bis sie, schneeflockengleich, um das Licht ein stilles Gestöber bildeten aus Porzellan- und Pergamentspinnern, spanische Fahnen und schwarzen Ordensbändern, Messing- und Ypsiloneulen, Wolfsmilch- und Fledermausschwärmern, Jungfernkindern und alten Damen, Totenköpfen und Geistermotten. Am Morgen dann kommen wieder die Bienen, spazieren über den Honig wie Schlittschuhläufer, ertrinken, arbeiten sich wieder los, wobei sich ihr Hinterleib abzutrennen scheint, schleppen einen kleinen Honigfaden hinter sich her. Während sie saugen, zittert ihr Hinterleib rhythmisch. Ob es Menschen gibt, die so mit dem ganzen Leib arbeiten möchten? Immer wieder haben sich die Menschen unter Schaudern mit den staatenbildenden Insekten verglichen. Das heraldische Motiv des Bienenkorbs versinnbildlicht im übrigen nicht die dem Menschen dienstbar gemachte Natur, auch nicht etwa den Fleiß als eine gemeinschaftliche Tugend, sondern das Prinzip der Kapitalakkumulation. Die Bienen hier stechen nicht.

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