Mittwoch, 1. Dezember 2010

Kommentar Abgedankt


Die Aktualität, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit haben in Kafkas Werk kaum einen allerseits hörbaren Widerhall, sicher eine der Voraussetzungen für die stabile Aktualität seiner Dichtung. Eine Erzählung wie Beim Bau der chinesischen Mauer zaubert mehr in der Geschichte Schwebendes hervor als irgendein Historienroman, konkrete geschichtliche Bezugspunkte sind aber ausgespart. Bei Sebald sind Gegenwart und Geschichte weitaus direkter vorhanden, werden aber, vor allem nach dem Erscheinen des als Holocaustroman verstandenen Austerlitz, vom Publikum überzogen wahrgenommen. Bei der Gestalt Napoleons, den Sebald in Ajaccio im Museum Fesch besucht hat, können sich die beiden gut treffen. Gar nicht einmal auszuschließen ist, daß Kafka bei seinem Obergeneral auf der Straßenböschung mit einem halben Auge den Empereur im Blick hatte.

Abgedankt


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