Dienstag, 21. Dezember 2010

Kommentar Direktor

Sebalds Prosa ist thematisch weit überdurchschnittlich selektiv, das ist um so auffälliger, als seine langsam aber stetig mahlenden Sätze zuverlässig versichern, jedem beliebigen Thema gewachsen zu sein, sofern nur Zeit gegeben und ihnen danach ist. Weithin ist ihnen aber nicht danach, nicht nach diesem und nicht nach jenem, eindeutig ist ihnen etwa nicht nach dem Thema karrierebewußter, beruflich erfolgreicher Menschen zumute. Kafkas Prosa ist weitaus lückenhafter, weniger abdeckend, dafür muß man auf alles gefaßt sein, auch auf einen arbeitsamen und erfolgreichen Direktor. Üblicherweise sind die jungen Berufsanfänger und Landvermesser die eifrigen, bei den Machthabern, Beamten und Rechtspflegern besteht eher der Eindruck, daß sie nichts tun. Erfolgreich sind beide Teile meistens nicht, der Kaiser entsendet seinen Boten an die Grenze des Reiches, der rennt sogleich los in größter Eile, es wird ihm aber nicht gelingen, auch nur die Grenze der überaus weitläufigen Palastanlage zu erreichen. Und auch der Direktor, nachdem Sebald ihn gleich dem Richter Farrar in den Ruhestand gerettet hat, schaut betroffen auf sein so eigenartig verlaufenes Leben zurück.

Unser Direktor

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