Montag, 15. November 2010

Kommentar Riva

Ihr Schleier fliegt, eine vornehme Frau also, auch wenn sie Dörfer, das flache Land durchläuft. Wird sie gehetzt, wovon aber oder von wem, ist es nur Bewegungslust, die sie laufen macht, die Stunde der weiblichen Waldläufer hatte aber noch nicht geschlagen, oder ist es ein Drittes, schwer Verstehbares, mit dem wir uns konfrontiert sehen? Auch im rahmenden Sebaldtext aus den Schwindel.Gefühlen ist Kafka vertreten, mit der Barke des Gracchus und ihrer Einfahrt in den Hafen von Riva sogar umfänglicher als in der kurzen Szene der mehr als hurtigen Läuferin, der man gerade noch entgegen und im gleichen Augenblick schon nachschaut. Obwohl nur eine Erfindung Stendhals leistet Mme Gherardi ihm auf der ganzen Reise doch fortwährend Widerstand und widerspricht bei allen nur denkbaren Gelegenheiten. Ohne weiteres vorstellbar also, daß sie, angesichts seines Zögerns, ihrer Aufforderung nachzukommen, unter Aufbietung eines unangeahnten Laufvermögens die Initiative ergreift. Trotz ihres offenbar hohen Lauftempos gelingt es dem beleibten Beyle, die Flüchtige wieder erhaschen, vielleicht, unter Ausnutzung ihrer Fiktionalität, mit einfachen Mitteln der Telepathie, denn in Fortsetzung der Erzählung Sebalds sehen wir die zwei schon bald einträchtig in den Bergen, wo es kühler und grüner wurde um sie herum, worüber sich Mme Gherardi, die so oft unter den staubigen Sommern ihrer Heimat zu leiden hatte, aufs äußerste entzückt zeigte. So wie im Großen die Schwindel.Gefühle dem Jäger Gracchus zum Guten, nämlich zum Sterben verhelfen, so ist auch der kleine Szene der rennenden Frau ein guter Ausgang beschert.

Flucht aus Riva

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