Donnerstag, 4. November 2010

Die Beichte

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Unter einem matten Weiß regungslos verharrten die Häuser und Höfe, lagen die Weiden und die unbefahrenen Straßen und Wege. Über allem der graue Himmel hing so weit und so schwer herunter wie nur vor einem ganz schweren Schneefall. Wenn man, den Kopf im Nacken, lange genug hineinstarrte in seine bis zum Wahnsinnigwerden undurchdringliche Leere, glaubte man schon aus ihr das Flockengestöber hervorbrechen zu sehen. Mein Weg ging am Lehrerhaus und am Kaplanhaus vorbei die hohe Friedhofsmauer entlang, an deren Ende der heilige Georg ohne Unterlaß mit einem Spieß dem zu seinen Füßen liegenden Vogeltier den Rachen durchbohrte. Dann mußte ich durch die obere Gasse und den Kirchberg hinauf. In der Kirche dann, als ich beichten sollte, wußte ich nichts zu sagen. Alle Sorgen waren vergangen; fröhlich, ruhig, ohne jedes Zittern der leuchtenden Sonnenflecken, lag, durch die halboffene Kirchentür gesehen, der Platz. Ich brachte nur die Leiden der letzten Zeit in Erinnerung, ich wollte zu ihren bösen Wurzeln vordringen, es war unmöglich, ich erinnerte mich an keine Leiden und sie hatten keine Wurzeln in mir. Die Fragen des Beichtigers verstand ich kaum, ich verstand wohl die Worte, konnte aber, so sehr ich mich anstrengte, nicht den geringsten Bezug auf mich heraushören. Manche Fragen bat ich ihn zu wiederholen, aber es half nichts, sie waren nur wie scheinbare Bekannte, hinsichtlich derer das Gedächtnis täuscht.

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