Mittwoch, 2. Februar 2011

Hoffnung

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Die Konturen von Bildern, die ich festzuhalten suchte, lösten sich auf, und die Gedanken zerfielen mir, noch ehe ich sie recht gefaßt hatte. Ich habe mir in den zirka zehn Tagen, die ich damals in der Stadt verbracht habe, nichts angesehen, bin, außer in Kaffeehäuser und Gastwirtschafen, nirgends hineingegangen. Bloß mit den Dohlen in den Anlagen habe ich, wenn mir recht ist, einiges geredet und mit einer weißköpfigen Amsel. Die langen Aufenthalte auf den Parkbänken, das ziellose Durchwandern der Stadt, all das hatte schon, ohne daß ich mir davon Rechenschaft gab, begonnen, mich zu verändern. Zu den an mir bemerkbar werdenden Anzeichen staubiger Abgerissenheit stand die Tatsache, daß ich weiterhin in einer ordentlichen Pension wohnte, in einem zusehends deutlicher werdenden Widerspruch. Auf dem Gang zu meinem Zimmer kam mir die Pensionswirtin mit einem Brief entgegen. Ich prüfte das Gesicht der alten Dame, nicht den Brief, und öffnete ihn unterdessen. Dann las ich: Sehr geehrter Herr. Seit einigen Tagen wohnen Sie mir gegenüber. Eine starke Ähnlichkeit mit einem alten guten Bekannten macht Sie mir merkwürdig. Bereiten Sie mir das Vergnügen und besuchen Sie mich heute nachmittag. Mit Gruß Louise Halka. Gut, sagte ich sowohl zur Wirtin, die noch vor mir stand, als auch zum Brief. Vielleicht war es die Rettung, eine Bekanntschaft in dieser Stadt zu machen, in der ich so ganz fremd war. Sie kennen Frau Halka? fragte die Wirtin. Nein, sagte ich fragend. Das Mädchen, das den Brief brachte, ist ihre Dienerin, sagte die Wirtin wie zur Entschuldigung. Das mag sein, sagte ich, unwillig über die Teilnahme, und beeilte sich, in mein Zimmer zu kommen, um mich herzurichten. Sie ist eine Witwe, hauchte ihm die Wirtin von der Schwelle noch nach.

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