Donnerstag, 3. Februar 2011

Kommentar Eingesperrt

Kafkas Held scheint im Freien zu sitzen, von der Sonne beschienen, vermeidet aber jeden Blick in die Welt, drückt den Kopf an die Brust drückt und hockt mit gekrümmtem Rücken da, beschäftigt nur mit sich selbst. Aber das ist nur eine Augenblicksillusion am Morgen. Das volle Bild zeigt uns den offenbar hospitalisierten Selysses, der den völligen und unwiderruflichen Verlust der bereits auf einzigen blinden und tauben Punkt geschrumpften äußeren Welt befürchten muß und, den Schmerz nicht fürchtend, alles tut, um sich ihrer durch einen Blick aus dem Fenster zu vergewissern. Am Fenster aber, wir wissen es schon, wird sich Kafka seiner erneut bemächtigen, um ihn in den Käfer Gregor zu verwandeln, der mit seinen trübe gewordenen Augen die stille Charlottenstraße, in der er seit Jahren wohnte, nicht mehr erkennt.
Kafka TB 1916
Eingesperrt

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