Samstag, 5. Februar 2011

Pascal

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Letrange sei in seinem späteren Alter, weil er seine Garderobe völlig abgetragen hatte und neue Stücke sich nicht mehr zulegen wollte, in Kleidern aus früheren Zeiten herumgegangen, die er bei Bedarf aus den Kästen auf dem Dachboden seines Hauses hervorholte. Es gab Leute, die behaupteten, ihn gelegentlich gesehen zu haben in einem kanarienfarbenen Gehrock oder einer Art Trauermantel aus verschossenem veilchenfarbenen Taft mit vielen Knöpfen und Ösen. Auch hieß es, Letrange, der immer schon einen zahmen Hahn auf seinem Zimmer gehalten hatte, sei nachmals ständig umschwärmt gewesen von allem möglichen Federvieh, von Perlhühnern, Fasanen Tauben und Wachteln und den verschiedenen Garten- und Singvögeln, die teils am Boden um ihn herumliefen, teils in der Luft ihn umflogen. Einmal im Sommer habe Letrange in seinem Garten eine Höhle ausgehoben, in der er tage- und nächtelang gesessen sei gleich dem heiligen Hieronymus in der Wüste. Einer der Nachbarn berichtete, er sei über den Zaun hinweg in ein Gespräch mit Letrange geraten. Der sei ohne jede Vorbereitung auf Pascal zu sprechen gekommen. Pascal mache vor dem Auftreten Gottes große Ordnung. Aber es müsse eine tiefere ängstlichere Skepsis geben, als diese des thronenden Menschen, der sich mit wunderbaren Messern zwar, aber doch mit der Ruhe des Selchers zerschneidet. Woher diese Ruhe? Die Sicherheit der Messerführung? Ist Gott ein theatralischer Triumpfwagen, den man, alle Müdigkeit und Verzweiflung der Arbeiter zugestanden, mit Stricken aus der Ferne auf die Bühne zieht! - Er könne nicht behaupten, so der Besucher, daß er aus diesen Ausführungen schlau geworden wäre. Wir unsererseits sollten nicht vertrauensselig voraussetzen, daß dieses Gespräch wirklich stattgefunden hat.

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