Samstag, 1. Januar 2011

Der Gefolgsmann

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Auch die nächsten Sommer war C. mit mir in Europa und hat dort die Phantasie der eleganten Welt bald sehr stark in Anspruch genommen, wozu nicht nur sein staunenswertes Glück im Roulette und seine akrobatische Kühnheit auf dem Polofeld beitrugen, sondern in erster Linie gewiß die Tatsache, daß er sämtliche Einladungen zu Thees, Diners und dergleichen ausschlug und nie mit jemandem anderen als mit ausging und speiste. Natürlich hat er die schönen und reichen Müßiggänger nicht abzuschütteln können, in gewöhnlichen Zeiten hat er sie einigermaßen ruhig ertragen, in der Trunkenheit aber doch dagegen rebellierte. Und wenn ich natürlich auch die Intimitäten, die ich unter solchen Umständen erfuhr, keinesfalls in der Zeitung preisgeben wollte, hatte ich doch schon die Umrisse eines Artikels im Kopfe fertig, in welchem ich darstellen wollte, daß überall, wo sich menschliche Größe unverhüllt zeigen kann, also vor allem im Sport, sich auch gleich Gesindel herandrängt und rücksichtslos, ohne überhaupt ernstlich zu dem Helden aufzublicken, nur über die eigenen Interessen gebeugt, seinen Vorteil sucht und bestenfalls sein Verhalten damit entschuldigt, daß es zum Nutzen der Allgemeinheit geschehe. Nach den neuesten bedrückenden Entwicklungen, weiß ich allerdings nicht, warum mir das überhaupt alles wieder durch den Kopf geht. Wieder ist er plötzlich verschwunden gewesen. Ich weiß nicht, wo überall und wie lang nach ihm gesucht wurde, nur daß ich ihn nach zwei, drei Tagen endlich im obersten Stock des Hauses in einem der seit vielen Jahren versperrten Kinderzimmer entdeckt habe. Mit bewegungslos herabhängenden Armen stand er auf einem Schemelchen und starrte hinaus auf das Meer, wo manchmal, sehr langsam, die Dampfschiffe vorbeifuhren auf ihrem Weg zu fernen Häfen.

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