Donnerstag, 6. Januar 2011

Kommentar Südböhmen

Auch dem Anschein nach ähnliche Lebensläufe können verschieden sein. Hier hat jemand wie der Richter Farrar, dem Selysses auf seiner Wallfahrt durch England begegnet, zunächst die Rechtswissenschaften studiert und widmet sich im Ruhestand, wiederum ganz wie Farrar, der Zucht seltener Rosen und Veilchen. Beide auch schauen mit einem gewissen Entsetzen auf ihr in Anwaltskanzleien und Gerichtshöfen zugebrachtes Leben zurück. Den östlichen Doppelgänger aber hat es schlimmer getroffen in seinen südböhmischen Verhältnissen, die denen gleichen, wie Sebald sie, ganz mit den Augen seines Freundes Kafkas, im Brüsseler Justizpalast vorgefunden hat, auf Korridoren und Treppen, die nirgendwo hinführen, in türlosen Räumen und Hallen, die von nie jemand zu betreten sind. Wen wundert da sein spätes Aussehen, das schüttere Gesicht, die plattgedrückte Nase, die ein wenig vorgeworfene Oberlippe und die tiefhängenden Lider.
Irgendwo in Südböhmen

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