Dienstag, 4. Januar 2011

Weg von hier

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Ay qué camino tan largo

Als der Diener ihn fragte, zu welchem Zweck er hier heraufgegangen sei, sagte er, er habe nach seinem Bruder schauen wollen. Einen solchen Bruder aber hat es nie gegeben. Bald darauf, nach dem eine gewisse Besserung eingetreten war, reiste er auf Anraten der Ärzte mit dem Diener zu einer Luftkur ins Hochgebirge. Mitte Oktober begann es zu schneien. Er sah viele Stunden lang zum Turmfenster hinaus auf die ungeheueren, ringsherum sich ausdehnenden Tannenwälder und den gleichmäßig aus unvorstellbarer Höhe niedertaumelnden Schnee. Unversehens befahl er sein Pferd aus dem Stall zu holen. Der Diener verstand ihn nicht. Er ging selbst in den Stall, sattelte sein Pferd und bestieg es. In der Ferne hörte er eine Trompete blasen, er fragte den Diener, was das bedeute. Der wußte nichts und hatte nichts gehört. Beim Tore hielt der Diener ihn auf und fragte: Wohin reitet Ihr, Herr? Ich weiß es nicht, sagte er, nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so könne er sein Ziel erreichen. Ihr kennt also Euer Ziel? fragte der Diener. Ja, antwortete er, ich sagte es doch: Weg-von-hier, das ist mein Ziel. Ihr habt keinen Eßvorrat mit, sagte der Diener. Ich brauche keinen, sagte er, die Reise ist so lang, daß ich verhungern muß, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Eßvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheuere Reise.

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