Freitag, 14. Januar 2011

Verkehrsmittel

Aus dem Schattenreich
Kommentar

Das oft stundenlang fortgesetzte Kreuzundquergehen in der Stadt in der Stadt hatte dergestalt die eindeutigste Eingrenzung, ohne daß es mir klargeworden wäre, was das eigentlich Unbegreifliche in meinem damaligen Verhalten gewesen ist, das ständige Gehen oder die Unfähigkeit, die unsichtbaren und, wie ich auch jetzt noch annehmen muß, völlig willkürlichen Grenzlinien zu überschreiten. Ich weiß nur, daß es mir sogar ein Ding der Unmöglichkeit gewesen ist, in eines der öffentlichen Verkehrsmittel zu steigen und beispielsweise mit dem 41er Wagen oder mit dem 58er Wagen hinauszufahren, um, wie ich es früher nicht selten getan habe, in einem der außerhalb gelegenen Parks spazierenzugehen. Seltsamerweise korrespondierte der auf einer imaginären Ordnung beruhenden Eingrenzung meiner Bewegungsfreiheit eine völlige Freiheit, ja Hemmungslosigkeit in der Ausgestaltung flüchtigster Blicke. Im vorübereilenden 58er Wagen etwa saß in einem Winkel, die Wange an der Scheibe, den linken Arm die Lehne entlanggestreckt, ein junger Mann in offenem, um ihn sich aufbauschendem Überzieher und sah über die lange leere Bank mit beobachtenden Blicken hin. Er hatte sich heute verlobt und dachte an nichts anderes. Er fühlte sich gut aufgehoben im Zustand eines Bräutigams und sah in diesem Gefühl manchmal flüchtig zur Decke des Wagens hinauf. Als der Schaffner kam, um ihm die Fahrkarte zu geben, fand er unter Klimpern leicht das richtige Geldstück, legte es im Schwunge in die Hand des Schaffners und ergriff die Karte mit zwei scherenförmig ausgebreiteten Fingern. Es bestand kein richtiger Zusammenhang zwischen ihm und der Elektrischen und es wäre kein Wunder gewesen, wenn er, ohne Plattform und Treppe zu benützen, auf der Gasse erschienen und seinen Weg zu Fuß mit gleichen Blicken verfolgt hätte. Nur der sich aufbauschende Überzieher bleibt bestehn, alles andere ist erdacht.

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