Dienstag, 18. Januar 2011

Mulde im Sand

Aus dem Schattenreich
Kommentar
Zumindest ein Viertel aller Unterrichtstunden verwandte unser Lehrer auf die Vermittlung von Wissen, das im Lehrplan nicht vorgesehen war, Sein Unterricht war der anschaulichste, den man sich denken kann. Grundsätzlich legte er deshalb den größten Wer darauf, bei jeder Gelegenheit aus dem Schulhaus hinauszugehen und im Ort möglichst viel in Augenschein zu nehmen. Der von ihm so genannte Anschauungsunterricht führte uns im Laufe der Zeit zu sämtlichen aus dem einen oder anderen Grund bemerkenswerten Plätzen in einem Umkreis von zirka zwei Wegstunden. Aber nicht nur dergleichen, an bestimmten Zielpunkten orientierte Exkursionen haben wir unternommen, sondern wir sind, an besonders schönen Tagen oft bloß zum Botanisieren oder, unter dem Vorwand des Botanisierens, zum Nichtstun in die Felder hinaus. Einmal hatten wir, wozu der Lehrer ausdrücklich das Einverständnis der Eltern eingeholt hatte, eine Mulde im Sand ausgegraben, in der wir uns ganz wohl befanden. In der Nacht rollten wir uns im Innern der Mulde zusammen, der Lehrer deckte sie mit Baumstämmen und darüber geworfenem Strauchwerk zu, und wir waren vor Stürmen und Tieren möglichst gesichert. Herr Lehrer, riefen wir oft ängstlich, wenn es unter den Hölzern schon ganz dunkel war und der Lehrer noch immer nicht erschien. Aber dann sahen wir schon durch eine Spalte seine Füße, er glitt zu uns herein, beklopfte jeden ein wenig, denn es beruhigte uns, wenn wir seine Hand fühlten, und dann schliefen wir alle förmlich gemeinsam ein. Wir waren außer dem Lehrer fünf Jungen und drei Mädchen, es war zu eng für uns in der Mulde, aber wir hätten Angst gehabt, wenn wir in der Nacht nicht so nahe an- und aufeinander gewesen wären.

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