Donnerstag, 6. Januar 2011

Kommentar Ruinenbewohner

Das beliebte Settembrini-Arie von Bildung und Erziehung singt weder der eine noch der andere. Immerhin aber kennt Sebald den Melammed, den wahren Lehrer, der Erziehung zu einem Fest macht, und der als der Lehrer Hilary auch im Schulleben der beschriebenen walisischen Erziehungsanstalt zu finden ist, wo er des öfteren, wahrscheinlich wegen eines Bandscheibenleidens, an dem er laborierte, auf dem Rücken am Fußboden liegend seinen Stoff vortrug. Kafkas Mißtrauen sitzt tiefer, er wünscht sich als den kleinen Ruinenbewohner, und in einsamer Selbsterziehung, fern von allen Lehrern, wäre es, wahrhaft jenseits von Gut und Böse, darum gegangen, dem Druck der guten Eigenschaften standzuhalten, die mit der Macht des Unkrauts in ihm emporgewachsen wären. Die Verlagerung der lehrerlosen Erziehung in eine Ruine im Gebirge entlastet den Bildungsetat zusätzlich.

Kafka TB 1910

Ruinenbewohner

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